Die T-7A wurde von Boeing und Saab innerhalb von 36 Monaten vom Konzept zum Erstflug eines Prototyps im Dezember 2016 gebracht, doch dann wurde es zäh: Fast fünf Jahre sind vergangen, seit die US Air Force am 27. September 2018 die Konstruktion von Boeing und Saab im Rahmen des T-X-Wettbewerbs als Nachfolger der T-38 Talon ausgewählt und nicht weniger als 351 der Jets sowie 46 Simulatoren und sonstige Ausbildungssysteme im Wert von 9,2 Milliarden Dollar (8,2 Mrd. Euro) bestellt hat.
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Was ist passiert? Es hat sich gezeigt, dass eine Kombination aus modellbasierter Konstruktion und 3-D-Design eben doch nicht alle Probleme vorhersagen kann. Boeing trifft dabei wohl noch die geringste Schuld, denn der Zeitverzug ist auf den Schleudersitz ACES 5 zurückzuführen, den Collins Aerospace entwickelt. Für den Advanced Concept Ejection Seat hatte die Air Force die Anforderungen verschärft, er sollte nun für Piloten mit einem Gewicht von 103 bis 245 lbs sicher sein (statt wie bisher 140 bis 211 lbs). Collins versuchte es mit fortschrittlichen Funktionen, wie einem Stabilisierungsschirm, der sich schneller entfaltet, und einem Raketenmotor, der den Schub und die Neigung je nach Gewicht des Piloten und aerodynamischen Effekten anpasst.
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Die Leistung des ACES-5-Schleudersitzes ist nicht zufriedenstellend. Zahlreiche Raketenschlittentests sind nötig, ihn zu verbessern und die geforderten Leistungen zu erreichen.
Schleudersitzproblem
Die Tests bisher waren aber nicht zufriedenstellend. "Um das Rettungssystem zu verbessern, hat die Air Force mehrere Bereiche identifiziert, in denen der Schleudersitz unannehmbare Risiken für die Piloten birgt, einschließlich des Risikos einer Gehirnerschütterung beim Ausschuss (Überdruck im co*ckpit beim Aufsprengen der co*ckpitverglasung mit einer Sprengkordel), einer Beschleunigung, die zu Wirbelsäulenverletzungen führen kann sowie Augen- und Nackenverletzungen (unter anderem durch herumfliegende Glassplitter)", heißt es im jüngsten Bericht des Government Accountability Office (GAO) vom Mai. Dabei seien "die Risiken für durchschnittliche bis kleinere Insassen größer". Immerhin gibt es nach einem Raketenschlittentest im Februar (Kosten jeweils etwa 250 000 Dollar) eine begrenzte Flugfreigabe. Allerdings: "Nach Angaben von Programmverantwortlichen ist die Air Force (...) wahrscheinlich noch fast zwei Jahre davon entfernt, den vollständigen Nachweis zu erbringen, dass das Design des Rettungssystems den Sicherheitsstandards entspricht, wenn man den aktuellen Testplan zugrunde legt", schreiben die GAO-Prüfer.
Flugtestprogramm hat begonnen
Wichtig ist aber, dass in St. Louis nun endlich das Flugtestprogramm mit einer T-7A im Serienstandard beginnen konnte – über ein Jahr, nachdem die erste "Red Hawk" am 28. April 2022 vorgestellt wurde. Major Bryce Turner, 416th Test Squadron der USAF, und Steve Schmidt, Boeing T-7-Cheftestpilot, waren am 28. Juni im co*ckpit der "21-7002", als diese kurz vor Mittag zu ihrem Erstflug abhob, der eine Stunde und drei Minuten dauerte. "Die stabile Leistung des Flugzeugs, sein fortschrittliches co*ckpit und seine Systeme sind sowohl für die Flugschüler als auch für die Ausbilder der US-Luftwaffe von großer Bedeutung", sagte Turner, dessen Großvater und Vater jeweils Kampfpiloten der US Air Force waren. In der Tat sind die Anforderung an die Pilotenausbildung heute andere als 1961, als mit der Northrop T-38A Talon der erste überschallfähige Jettrainer eingeführt wurde. Die Schwierigkeit besteht heute nicht mehr darin, den Jet fliegerisch zu beherrschen, sondern die Missionssysteme so zu bedienen, dass sie in einem schwierigen Umfeld präzise (Waffen-)Ergebnisse liefern. Die T-7A wird den Piloten zwar auch das fliegerische Können vermitteln, das sie heute in der Talon lernen, sie aber vor allem auf die Arbeit in den modernen, datengesteuerten digitalen co*ckpits vorbereiten, die sie zum Beispiel in der F-35A und der F-15EX vorfinden werden. Und es soll sie befähigen, während ihrer gesamten Laufbahn ständig weiterzulernen.
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Die T-7A kommt wie eine kleine, einstrahlige F-18 Hornet daher.
Serienfertigung erst ab 2027?
Vor dem ersten Quartal 2027 wird eine vorläufige Einsatzbereitschaft nun allerdings nicht erwartet, so die GAO. Die Air Force hat ihre Milestone-C-Entscheidung für den Start der Vorserienfertigung nämlich auf Februar 2025 verschoben. Die Freigabe der vollen Serienfertigung soll dann im Januar 2027 folgen. Laut GAO sind diese Annahmen aber optimistisch, denn sie berücksichtigen "keine Verzögerungen bei den verbleibenden Aufgaben der Programmentwicklung" und keine Zeit für die "erneute Prüfung von Testfehlern". Die Lösung der zuvor erörterten Entwicklungsprobleme – wie das Rettungssystem, die Flugsteuerungssoftware und die Verbindung von Simulatoren und Flugzeugen für den gleichzeitigen Trainingsbetrieb – könnte länger dauern als geplant. Die Air Force gibt beispielsweise an, dass sie mindestens sieben weitere Tests des Rettungssystems benötigt, um sicher zu sein, dass das Rettungssystem die Leistungsspezifikationen erfüllt", so die GAO. Dafür seien alle drei Monate Raketenschlittentests vorgesehen.
Festpreisprogramm
Das sind wenig erfreuliche Nachrichten für Boeing, denn die T-7A ist eines von mehreren problematischen Festpreisprogrammen des Unternehmens, das bereits zu Abschreibungen von 1,14 Milliarden Dollar (1,02 Mrd. Euro) geführt hat. Um dieses Geld wieder hereinzuholen, ist es dringend erforderlich, die T-7A in größerem Stil an weitere Kunden zu verkaufen. Boeing geht recht optimistisch davon aus, dass es einen Markt für 2700 Red Hawks weltweit gibt – allerdings ist die Konkurrenz groß (T-50 aus Südkorea oder Hürjet aus der Türkei). Immerhin kommt die US Navy infrage, die mittel- und langfristig ihre T-45C ersetzen muss. Hierfür müsste die Red Hawk aber für Landungen auf Flugzeugträgern modifiziert werden. Im Export kämen zum Beispiel Australien und Schweden infrage. Und natürlich soll die T-7A nicht nur als Hochleistungs-Schulflugzeug, sondern auch als leichter Kampfjet vermarktet werden. Genügend Schub vom F404-Triebwerk und gute Wendigkeit dafür hat man, auch ist in der Zelle genug Platz für den Einbau zum Beispiel eines Radars und anderer Waffenelektronik. Details gab Boeing noch nicht bekannt, zunächst gilt es, die USAF zu beliefern, die ihre T-7A auf den Basen Randolph, Columbus, Laughlin, Sheppard und Vance stationieren will. Dabei liegt man, auch durch eigene Schuld, fast zehn Jahre hinter dem ursprünglichen Zeitplan zurück. Das wird laut GAO "wahrscheinlich fast eine Milliarde Dollar kosten, da teurere Kampfjets für die Ausbildung der Piloten eingesetzt werden müssen und die Finanzierung ungeplanter Nachrüstungen an vorhandenen Schulflugzeugen erforderlich sind".
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Die südkoreanische und türkische Konkurrenz schläft nicht: Um verlorenes Geld wieder reinzuholen, muss Boeing seine T-7A in großem Stil an Kunden bringen.
Technische Daten
Boeing T-7A Red Hawk
Typ: Überschallschneller Strahltrainer
Besatzung: 2
Antrieb: 1 x General Electric F404-GE-103
Schub: 1 x 49 kN und 77 kN mit Nachbrenner
Länge: 14,30
Höhe: 4,11 m
Spannweite: 9,32 m
max. Startmasse: 5500 kg
max. Fluggeschwindigkeit: Mach 1+
Dienstgipfelhöhe: 15240 m
max. Steigrate: 170,2 m/s
Reichweite: 1830 km
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